Fuchs und Igel
Ganz unverhofft an einem Hügel
sind sich begegnet Fuchs und Igel.
Halt! rief der Fuchs, du Bösewicht!
Kennst du des Königs Order nicht!
Ist nicht der Friede längst verkündigt,
und weißt du nicht, dass jeder sündigt,
der immer noch gerüstet geht!
Im Namen Seiner Majestät,
komm her und übergib dein Fell!
Der Igel sprach: Nur nicht so schnell,
nur nicht so schnell!
Lass dir erst deine Zähne brechen;
dann wollen wir uns weitersprechen.
Und also bald macht er sich rund,
schließt seinen dichten Stachelbund
und trotzt getrost der ganzen Welt,
bewaffnet, doch als Friedensheld.
Wilhelm Busch (1832-1908)
Diese Fabel des Schrifstellers Wilhelm Busch trägt die Überschrift:
Bewaffneter Frieden.
Fabeln sind belehrende Gleichnisse, in denen Tiere mit den typischen
Charaktereigenschaften von Menschen ausgestattet werden.
Der Igel steht hier stellvertretend für alle friedliebenden,
aber dennoch wehrhaften Völker der Erde, und sein Misstrauen
gegenüber dem Fuchs erscheint durchaus berechtigt.
Denn Tatsache ist, dass in 3 500 Jahren Menschheitsgeschichte
nur 250 Jahre Frieden herrschte. Im selben Zeitraum wurden
über 8 000 Friedensverträge geschlossen, die ewig gültig sein sollten.
Tatsächlich wurden sie durchschnittlich schon nach zwei Jahren wieder gebrochen.
Nicht umsonst hält sich heute jedes noch so friedliebende Land
bewaffnete Streitkräfte, wenigstens zur Selbstverteidigung -
wie eben der Igel in unserer Fabel.
Verfasser des Inhalts: Roland Detsch
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